Netze BW Magazin - 10.08.2023
Durch den Zuwachs von E-Autos, Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen ist der Ausbau der Stromnetze durch den Verteilnetzbetreiber unerlässlich. Umspannwerke übernehmen eine Schlüsselrolle, indem sie als spezielle Netzknoten die Leistung zahlreicher erneuerbarer Energiequellen ans überregionale Hochspannungsnetz anbinden. Um die Versorgungssicherheit in der Region sicherzustellen, entsteht in Burladingen ein neues Umspannwerk mit einer der modernsten Schaltanlagen weltweit.
Umspannwerke sind wichtige Knotenpunkte im Stromnetz, die verschiedene Spannungsebenen miteinander verbinden. Über Transformatoren ermöglichen sie den effizienten Transport von Energie zwischen beispielsweise einem Hochspannungs- und einem Mittelspannungsnetz. Neben Transformatoren sind weitere Bestandteile vor allem Schaltanlagen, Schutz- und Automatisierungstechnik. Die beeindruckende Größe eines Umspannwerks, vergleichbar mit der Fläche eines Fußballfeldes, ergibt sich aus den physikalischen Anforderungen. Um Überschläge und Kurzschlüsse zu verhindern, müssen die hohen Spannungen isoliert werden. Dies geschieht in der Regel durch die Verwendung der Umgebungsluft als Isolator, was große Abstände erfordert. Alternativ können gasisolierte Schaltanlagen eingesetzt werden, um kompakter zu bauen. In diesen Anlagen wird häufig das Isoliergas Schwefelhexafluorid (SF6) verwendet. Allerdings ist zu beachten, dass SF6 ein hohes Treibhauspotenzial hat.
Seit Herbst 2020 entsteht in Burladingen ein zukunftsweisendes, digitales Umspannwerk der Zukunft, das voraussichtlich 2023 fertiggestellt wird. Diese innovative Anlage zeichnet sich durch zusätzliche digitale Komponenten aus. Es werden platzsparende Kleinsignal-Messwandler (LPITs) eingesetzt, um Ströme und Spannungen direkt an der Schaltanlage zu messen. Anstelle von Kupferkabeln werden alle Signale wie Messwerte, Störmeldungen und Befehle mittels Glasfaserkommunikation mit dem Schutz- und Leittechniksystem ausgetauscht – ein sogenannter Prozessbus. Das spart eine dreiviertel Tonne Kupfer an paralleler Verdrahtung.
Außerdem sind viele Komponenten mit kleinen integrierten Sensoren ausgestattet, die Zustandsdaten erfassen und über ein IoT-Protokoll (Internet of Things) direkt in eine Cloud übertragen werden. Insbesondere Daten aus der Schaltanlage und den Transformatoren sind dabei relevant und werden von einem digitalen Zwilling genutzt – ein virtuelles Abbild der Betriebsmittel. Das ermöglicht noch besser auf den Zustand des Umspannwerks zu schließen. Ein weiterer Vorteil des Projekts in Burladingen ist der Verzicht auf das Treibhausgas SF6. Stattdessen wird synthetische Luft unter hohem Druck als umweltfreundliches Isoliermedium in der gasisolierten Schaltanlage eingesetzt.
Durch den digitalen Zwilling ist es möglich, den Zustand der Betriebsmittel jederzeit zu überwachen und zu analysieren. Dies bietet zahlreiche Vorteile, wie beispielsweise eine zielgerichtete Wartung durch Predictive Maintenance oder die genaue Ermittlung der Restlebensdauer. Durch die direkte Digitalisierung aller Informationen an der Schaltanlage stehen diese Funktionen unmittelbar zur Verfügung, wodurch ein erheblicher Verdrahtungsaufwand zwischen den Systemen eingespart wird. Die innovativen Messwandler können zudem potenziell viel Platz an der Schaltanlage einsparen. Der Einsatz von Luft anstatt SF6 trägt außerdem zum Klimaschutz bei.
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