Netze BW Magazin - 06.04.2023
Weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen, hin zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen und zu mehr Energieeffizienz: Der Umbau des Energiesystems ist im vollen Gange. Doch welche Arten der Energieerzeugung zählen zu den "Erneuerbaren"? Zu den erneuerbaren Energien gehört insbesondere die Energiegewinnung aus Sonnenstrahlung (Solarenergie), Wind- und Wasserkraft (z. B. Windenergieanlagen, Laufwasserkraftwerke), aus Erdwärme (Geothermie) sowie aus nachwachsenden Rohstoffen beziehungsweise Biomasse, die in das Verteilnetz intergiert werden müssen. Die Energiewende ist ein wichtiger Baustein, um die Klimaziele zu erreichen: Bis 2045 möchte Deutschland klimaneutral sein. Baden-Württemberg hat sich dieses Ziel bis 2040 gesetzt.
Klimaziele erreichen – noch ein weiter Weg
Damit die Klimazieleziele erreicht werden können, hat die Bundesregierung unter anderem Ziele hinsichtlich des Ausbaus der erneuerbaren Energien, der Wärmeversorgung und der Mobilität definiert.
Ob Wind oder Solar: Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss sich der Anteil an erneuerbaren Energien fast verdoppeln. Denn 2022 lag ihr Anteil noch bei 46 Prozent. Im Netzgebiet der Netze BW sind mehr als 200.000 EE-Anlagen an das Netz angeschlossen – Tendenz stark steigend.
2030 steht auch im Zeichen einer nachhaltigen Wärmeversorgung: Bis dahin soll die Hälfte der Wärme in Deutschland klimaneutral erzeugt werden, zehn Jahre später soll in Baden-Württemberg die gesamte Wärmeversorgung klimaneutral sein. Bislang wird mehr als 80 Prozent der Wärmemenge aus fossilen Energieträgern gewonnen.
Damit sollen 1 Million öffentliche Ladepunkte einhergehen: Diese geplante Zunahme der Elektromobilität und Ladeinfrastruktur stellt das Stromnetz vor neue Herausforderungen. Bis zum 1. Januar 2023 waren 1 Million batteriebetriebe Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen. Dieser Anteil soll somit bis 2030 um das 15-fache steigen.
Die oben genannten Ziele haben Auswirkungen auf uns alle: Kommunen, Haushalte, Industrie, Erzeugung und Netzbetreiber. Die ganze Energiewelt befindet sich im Wandel. Sie wird dezentraler und volatiler. Lange Zeit wurde Strom in Deutschland fast ausschließlich zentral erzeugt und von großen Kraftwerken zu den Verbraucher*innen geliefert. Doch die Stromerzeugung hat sich räumlich stark verändert: Heute speisen zusätzlich viele kleine und größere Anlagen für erneuerbare Energie ihren Strom dezentral in das Leitungsnetz ein. Eine Herausforderung für das gesamte Stromnetz – sowohl für das Übertragungsnetz als auch das Verteilnetz.
Norden und Süden im Ungleichgewicht
In Norden Deutschlands wird bereits viel Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt - in Süddeutschland viel Strom verbraucht. Das führt zu einer ungleichen Verteilung zwischen Erzeugung und Verbrauch. Über das Übertragungsnetz kann Energie zwar über diese weiten Strecken transportiert werden, jedoch nicht in der künftig benötigten Menge. Daher ist ein zeitnaher und umfassender Ausbau beziehungsweise eine Erneuerung der Netzinfrastruktur in Deutschland erforderlich. Das Übertragungsnetz arbeitet mit einer Höchstspannung von 380 und 220 kV. Das Übertragungsnetz in Deutschland ist circa 36.600 Kilometer lang und wird von vier Übertragungsnetzbetreibern bewirtschaftet. Mit speziellen Kuppelleitungen ist dieses Netz mit den Stromnetzen anderer europäischer Länder verbunden und bildet das europäische Verbundnetz.
Die Energiewende findet im Verteilnetz statt
Auch die regionalen Netze stehen vor einer großen Herausforderung: Hier werden immer mehr dezentrale Erzeugungsanlagen angeschlossen. Gleichzeitig kommen neue Verbraucher wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen hinzu. Damit die Energiewende gelingt, müssen diese Verteilnetze im großen Umfang um- und ausgebaut werden. Denn bislang sind die Netze dafür nicht ausgelegt. Allein im Netzgebiet der Netze BW – dem größten Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg - müssen voraussichtlich 2.600 Kilometer Trasse ersetzt, 245 Kilometer Trasse hinzugebaut, hunderte Trafos und Umspannwerke erweitert und neu installiert werden, um das Ziel Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 zu erreichen. Außerdem sind rund 95 Prozent der Umspannwerke zu erweitern. Der nötige Netzausbau und -umbau geht mit langen Genehmigungsverfahren und hohen Kosten einher. Die Netze BW wird bis 2025 allein in die Mittel- und Niederspannungsnetze rund 550 Mio. € für den Aus- und Umbau investieren. Gleichzeitig arbeiten wir an intelligenten Lösungen, um den Netzausbau zu optimieren und um beispielsweise PV-Anlagen und Wallboxen möglichst schnell ins Netz integrieren zu können.
Das Verteilnetz besteht aus drei Spannungsebenen. Das überregionale Verteilnetz mit 110 kV (Hochspannung) misst 86.000 Kilometer. Zusammen mit dem Mittelspannungsnetz (30, 20 und 10 kV, 521.000 Kilometer) liefert es elektrische Energie für Unternehmen und Stadtwerke oder nachgelagerte Netzbetreiber. In den Gemeinden und Städten gelangt dann der Strom über das Niederspannungsnetz (230 oder 400 Volt, 1.194.000 Kilometer) zu den Haushalten, zum Gewerbe und zu landwirtschaftlichen Betrieben.