28. Oktober 2019

Netze BW sieht sich für Elektromobilität gut gerüstet

Netzbetreiber zieht positive Bilanz des Modellversuchs „E-Mobility-Allee“ in Ostfildern – Folgeprojekte stehen in den Startlöchern

Ostfildern/Stuttgart. Gibt es genug Strom, wenn künftig immer mehr Menschen elektrisch fahren? Was geschieht, wenn alle Bewohner einer Straße auf Elektrofahrzeuge umsteigen? Ist das Stromnetz darauf vorbereitet? Diesen Fragen ist die EnBW-Tochter Netze BW in einem in Deutschland einmaligen Pilotprojekt, der „E-Mobility-Allee“ in Ostfildern bei Stuttgart, nachgegangen. Am Freitag ging das Projekt nach rund eineinhalb Jahren mit einer Veranstaltung im Kreis von Anwohnern und Vertretern aus Landesregierung, Kommunalpolitik und Forschung zu Ende.

„Wir wollen uns nicht allein auf theoretische Berechnungen und Prognosen verlassen, sondern live beobachten und testen. Durch Projekte die E-Mobility-Allee und ihre Folgeprojekte sind wir gerüstet, wenn der Hochlauf der Elektromobilität tatsächlich Fahrt aufnimmt“, unterstrich Martin Konermann, technischer Geschäftsführer der Netze BW. „Das verdanken wir nicht zuletzt dem Pioniergeist unserer Projektteilnehmer in der Belchenstraße und der guten Zusammenarbeit mit der Stadt Ostfildern. Für beides haben wir großen Dank zu sagen.“

„Das bundesweit einmalige Projekt hat die Elektromobilität für die Menschen erlebbar gemacht und so zur Akzeptanz dieser Antriebstechnik in der Bevölkerung beigetragen“, sagte Baden-Württembergs Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller. Die E-Mobility-Allee habe gezeigt, dass die Herausforderungen des Hochlaufs der Elektromobilität für die Verteilnetzbetreiber zu bewältigen sind. „Ich freue mich, dass das Projekt die Erwartungen erfüllt hat und bin zuversichtlich, dass wir das anspruchsvolle Ziel einer nutzerfreundlichen, klima- und umweltschonenden Mobilität erreichen können“, so der Minister.

„Wir haben den Modellversuch der Netze BW sehr gerne unterstützt, weil wir Elektromobilität als einen wichtigen Baustein der Verkehrswende verstehen“, so Ostfilderns Bürgermeisterin Monika Bader: „Als Stadtverwaltung sind wir selbst auf diesem Feld aktiv; und auch unsere Bürgerinnen und Bürger sind dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen. Alle Seiten – nicht nur die Netze BW selbst, sondern auch die Teilnehmer und wir als Kommune – haben durch die spannende Zusammenarbeit viel dazu gelernt.“

Für das Projekt hatte die Netze BW zehn Haushalten in der Belchenstraße in Ostfildern Elektroautos und die notwendige Ladeinfrastruktur für zu Hause zur Verfügung gestellt. Ursprünglich für zwölf Monate geplant, war das Projekt wegen des großen Interesses auf eineinhalb Jahre verlängert worden. Die teilnehmenden Haushalte reichten vom Vielfahrer bis zum Gelegenheitsfahrer und von der Familie mit Kindern bis zu Rentnern. Sie repräsentierten ein typisches Wohngebiet mit Eigenheimen wie es häufig in Ballungsräumen vorkommt – eine Konstellation also, in der schon bald relativ viele Elektroautos unterwegs sein dürften. Besonders wichtig für das Projekt: Alle Haushalte hingen am gleichen Stromkreis, in dem durch den Versuch eine E-Auto-Quote von 50 Prozent erreicht wurde. Zum Einsatz kamen verschiedene Fahrzeugtypen wie VW E-Golf, Renault Zoe, BMW i3 und ein Tesla Model S.

Die wichtigsten Ergebnisse

Zwei Schwerpunkte hatte das Projekt: Welche Auswirkungen hat das Ladeverhalten von E-Auto-Nutzern auf das lokale Stromnetz? Und wie kann ein Netzbetreiber gegensteuern, wenn das Netz an seine Belastungsgrenzen kommt? Zu beiden Aspekten hat die „E-Mobility-Allee“ aufschlussreiche Ergebnisse erbracht.

So veränderte sich das Ladeverhalten der Teilnehmer im Zeitverlauf erkennbar: Sie gewannen Vertrauen in die Reichweite der E-Autos und luden nach der Anfangsphase deutlich seltener. Dadurch und durch die unterschiedlichen Nutzungsarten und Fahrzeugtypen waren nie mehr als fünf Fahrzeuge gleichzeitig am Netz – und selbst das nur in extrem seltenen Fällen (0,1% der Zeit). In 70 Prozent der Zeit wurde hingegen überhaupt nicht geladen. „Die oft geäußerte Befürchtung, wonach alle E-Autos nach Feierabend gleichzeitig laden und dadurch das Netz überlasten, scheint nach dieser Erfahrung nicht realistisch zu sein“, folgerte Projektleiterin Selma Lossau.

Bei den Eingriffsmöglichkeiten für den Netzbetreiber zeigte sich, dass vor allem das „intelligente Lademanagement“ großes Potenzial hat: „Durch die elektronische Zuteilung von Ladezeiten konnten Engpässe vermieden werden, ohne dass sich die Teilnehmer davon beeinträchtigt fühlten“, so Selma Lossau. Als weitere sinnvolle Option erwiesen sich verschiedenen Typen von Batteriespeichern, die vorübergehend eingesetzt wurden und das Netz entlasteten.

Folgeprojekte starten in Kürze: Von der Allee zu Carré und Chaussee

Nach Abschluss der E-Mobility-Allee richtet die Netze BW den Blick nun auf weitere Konstellationen, in denen der Hochlauf der Elektromobilität untersucht werden soll: Unter anderem werden im Raum Ludwigsburg ab November die Bewohner einer großen Wohnanlage mit 45 Elektroautos und 60 Ladepunkten ausgestattet, um auch hier das Verhalten und die Auswirkungen auf das Stromnetz kennenzulernen („E-Mobility-Carré“). Auch in einem ländlich geprägten Raum wird es ein Testfeld geben („E-Mobility-Chaussee“). „Als Stromnetzbetreiber wollen wir Möglichmacher der Elektromobilität sein. Unsere Projekte vor Ort sind dafür ein zentraler Baustein“, hielt Martin Konermann zum Abschluss fest.

Die Teilnehmer-Familien aus der Belchenstraße bedankten sich mit einer besonderen Geste: Sie spendeten gemeinsam 1.200 Euro für das Forum Gesellschaft inklusiv Ostfildern und übergaben den Scheck noch an Ort und Stelle an den Verein.

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