03. Dezember 2021
Mit intelligentem Lademanagement sind auch Stromnetze in ländlichen Regionen bereit für den Hochlauf der E-Mobilität.
Stuttgart. Kusterdingen. Die Zahl der E-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen nimmt zu. Bis 2030 sollen laut Koalitionsvertrag der neuen Regierung 15 Millionen E-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren und eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte gebaut sein. Dabei werden die meisten der Ladevorgänge – rund 70 Prozent – an privaten Ladestationen stattfinden. „Die Meldezahlen für private Ladestationen steigen exponentiell“, so Markus Wunsch, Leiter Netzintegration Elektromobilität Netze BW. „Um diesem Hochlauf gerecht zu werden, ist es für uns als Netzbetreiber essentiell, die damit verbundenen Auswirkungen auf das Stromnetz zu verstehen, und es darauf aufbauend intelligent und zukunftssicher weiterzuentwickeln.“
Die Netze BW untersucht deshalb seit geraumer Zeit in praxisnahen Feldtests, welche Auswirkungen das Laden von E-Autos auf die Stromnetze hat. Dabei stand im NETZlabor E-Mobility-Allee zunächst das städtische Umfeld mit seinem engmaschigen Stromnetz im Fokus, danach im Rahmen des NETZlabors E-Mobility-Carré die Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses mit zahlreichen Ladestationen. Nun hat die Netze BW ihren dritten Feldtest abgeschlossen: Im NETZlabor E-Mobility-Chaussee in Kusterdingen bei Tübingen hat sie 18 Monate lang untersucht, welche Auswirkungen die E-Mobilität speziell im ländlichen Raum auf das Stromnetz hat und wie eine intelligente Steuerung das Netz entlasten kann, ohne die Fahrer*innen in ihrem Ladeverhalten einzuschränken.
E-Mobilitäts-Chaussee: Ländlicher Raum im Fokus Rund 60 Prozent der Stromnetze in Baden-Württemberg versorgen den ländlichen Raum. In diesen Gebieten stellt die Elektromobilität eine besondere Herausforderung für das Stromnetz dar. Denn je länger ein Stromkabel ist, umso stärker schwankt das Spannungsniveau. Mit ihrem typisch ländlichen Niederspannungsnetz mit 850 Meter langem Stromkreis war die Römerstraße in Kusterdingen deshalb der perfekte Ort für den Feldtest der Netze BW.
Im Januar 2020 tauschten dort sieben Testkund*innen ihre Verbrenner-Autos für 18 Monate gegen ein E-Fahrzeug der Netze BW ein: einen Renault Zoe mit hoher Ladeleistung von 22 kW oder einen Nissan Leaf mit geringerer einphasiger Ladeleistung von 4,6 kW. Ein weiteres E-Fahrzeug war in der Straße bereits vorhanden und konnte in den Feldtest mit aufgenommen werden. In der Straße gibt es 60 Wohneinheiten mit 42 Hausanschlüssen, 13 Wärmestromanlagen und drei PV-Anlagen – im Rahmen des Feldtests kamen nun acht Wallboxen hinzu, an denen mit bis zu 22 kW geladen werden kann.
Wie bei den vorhergegangenen NETZlaboren wurde auch bei der E-Mobility-Chaussee das Verhalten der Kund*innen und dessen Auswirkungen auf das Stromnetz betrachtet: wie oft und wie lange sie mit den E-Autos unterwegs waren, wie häufig sie gleichzeitig ihre Fahrzeuge zum Laden anschlossen und wie viele E-Fahrzeuge gleichzeitig geladen wurden. Insgesamt legten die E-Pionier*innen über die gesamte Projektlaufzeit im NETZlabor 130.000 elektrische Kilometer zurück. Das entspricht rund 12.000 – 15.000 Kilometern Fahrleistung pro Jahr und Fahrzeug. Aus technischer Sicht nahm das Team drei Lösungsansätze unter die Lupe: Den Einsatz eines präventiven Lademanagements, eines Batteriespeichers sowie eines so genannten Strangreglers, der punktuell die Spannung im Stromnetz anheben kann.
E-Pionier*innen fühlten keine Einschränkung beim Ladekomfort Der Feldtest hat gezeigt, dass grundsätzlich alle drei technischen Lösungen bei der Integration von E-Fahrzeugen unterstützen können. Die größte Flexibilität bietet hierbei das intelligente Lademanagement. Es reduziert direkt die Last, was besonders in Zeiten hohen Stromverbrauchs wichtig ist, zum Beispiel am Abend oder im Winter, wenn die Wärmepumpe läuft. Wie bei E-Mobility-Allee und E-Mobility Carré war die Wahrnehmung der Teilnehmer*innen auch hier durchweg positiv: Nur die Hälfte von ihnen bemerkte überhaupt, dass die Ladeleistung teilweise reduziert wurde. Kein*e einzige*r fühlte sich im Ladekomfort und Mobilitätsverhalten eingeschränkt.
Um die Anforderungen von Energie- und Verkehrswende zu erfüllen, entwickelt die Netze BW ihr Verteilnetz stetig weiter. Dabei verfolgt sie einerseits den stetigen Ausbau in der Fläche, berücksichtigt aber auch Prognosen über die zukünftigen E-Mobilitäts-Hotspots.
„Wir machen unser Stromnetz fit für die Zukunft der Elektromobilität“, so Patrick Vasile, NETZlabor-Leiter E-Mobility-Chaussee. „Da der Netzausbau eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, brauchen wir zumindest übergangsweise auch wirksame technische Lösungen, um dem derzeitigen Hochlauf der E-Mobilität optimal begegnen zu können. Ein dynamisches Lademanagement bietet hierfür das größte Potential.“
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